
Die Schokolade
Nach der Eroberung Amerikas brachte das spanische Heer den Kakao nach Europa.
Das Getränk kam 1587 dank der Hochzeit von Katherina, der Tochter von Philip
II. von Spanien, mit dem Graf Carlo Emanuele vom Haus Savoyen nach Turin.
In der Barockzeit verbreitete sich die Gewohnheit, Schokolade zu trinken, aber nur
in der Romantik, als das Bürgertum wichtiger wurde, wurden Schokoladentafeln
und -pralinen entdeckt.
Die Schokolade als Getränk begann 1680 in den Geschäften Turins verkauft
zu werden. Der erste Schokoladenverkäufer ist Giò Battista Ari gewesen.
Er wurde 1678 von der "Madama reale" (der Mutter des Königs) Giovanna
Battista Nemours berechtigt, "die Schokolade für die nächsten 6 Jahre
öffentlich zu verkaufen".
Im 19.Jahrhundert wurde das Schokolade-Getränk fast überall in Italien
mit Milch und Kaffee gemischt. In Turin nannte man das "bicerin" (Gläschen),
und ab 1840 wurde es das typische Morgengetränk.
Viele wichtige Besucher Turins schrieben in ihren Briefen, wie wunderbar die Turiner
Schokolade sei.
Albert Valery schrieb: "le chocolat de Turin est le meilleur de l'Europe et de l'Italie."
(1849); Alexandre Dumas sang ein Lob für das "bicerin" und gestand,
daß er die Schokolade nie vergessen würde.
Wie wird die Schokolade gemacht ? Es ist schwer zu sagen, wann eine Industriebranche entsteht,
um so mehr die Süßwarenherstellung.
Ihre Entwicklung ist von der ständigen und mühseligen Arbeit der Männer
geprägt , die in der Konditorei arbeiteten. Durch ihre Geschicklichkeit und kleine Tricks
wurden die einfachen Hausfrauenkuchen zu einem richtigen internationalen Handel, der nach
"Großmutter Art" immer neue und gute Spezialitäten erfand.
Was die Süßwarenherstellung betrifft, steht Piemont an der ersten Stelle,
gefolgt von der Lombardei und Kampanien.
In Turin hat der Kakao sein Glück gemacht: Am Anfang handelte es sich um eine
handwerkliche Produktion, aber langsam kam man zur Industrialisierung. Schon am Ende des 18.
Jahrhunderts begann man in Piemont, den Kakao mit Maschinen zu verarbeiten: Die Firma Caffarel
baute ihre erste Fabrik an dem Dora-Fluß und nützte damit den Wasserstrom aus, um
das Rad einer Knetmaschine zu bewegen.
Die Süßwarenherstellung folgt den Etappen der Industrieentwicklung: Jedesmal
wenn eine neue Maschine eingeführt wurde, steigerte die Produktivität und senkten
die Kosten.
Obwohl die Schokolade als erstes Lebensmittel die modernsten Herstellungstechniken
ausnützte, blieben bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Konditoreiprodukten und die Pralinen Zeichen von Luxus.
Die Schokoladenindustrie in Piemont hat viele wichtige Namen: Prochet, Talmone unter
den ersten, danach Peyrano, Perfetti, Reina, Stratta & Baratti, Moriondo & Gariglio.
In der Mitte des 19. Jh. hatte Michele Prochet die Idee, Kakao, Zucker und Haselnüsse
zu mischen: Daraus ist das sehr bekannte " Gianduiotto " entstanden.
Sein Ruhm verbreitete sich so sehr, daß er in die Académie française
aufgenommen wurde.
Ferdinando Baratti eröffnete mit Edoardo Milano 1875 ein sehr schönes Lokal in
der "Galleria Subalpina" am Schloßplatz (Piazza Castello), nachdem sie schon
so viel Erfolg in ihrer Tätigkeit gehabt hatten. Die Schönheit der Säle und
ihre Verzierungen, die eleganten Möbel und den wunderbaren Duft kann man zum Glück
heute noch genießen.
Aber es kommt die Zeit, in der die Werbung eine wichtige Rolle spielt: Die größten
Herstellungsfirmen, Venchi, Caffarel-Prochet, Unica suchen die bekanntesten Plakatmaler, um
ihre Produkte und sich selbst kennen zu lassen.
So entstehen Bilder und Markenzeichen, die mehrere Generationen begleiten und heute noch
lebendig sind, oder sogar wiederentdeckt werden, wenn es an Phantasie fehlt.
Nach der Schokolade kommen die Zuckerprodukte: "Confetti" (Zuckermandeln), Bonbons
und Waffeln.
Der Anfang kam mit Giovanni Motta: Er war in Mailand geboren, aber 1821 kam er nach Turin,
um der Konkurrenz zu entgehen. In einem dunklen, kalten Keller begann er Mehl, Eier, und Zucker
zu kneten, somit erfand er immer wieder neue Kuchen.
Außer Motta gibt es andere Pioniere der Süßwarenindustrie: Leone, Sebaste,
Signorelli und Camporelli.
Der bekannteste von allen ist sicher Giuseppe Sebaste, er hat außer den Grundzutaten
auch Honig, Haselnüsse, Eiweiss zusammengemischt, und damit hat er den Nougat gemacht,
den er "turun del gal" nach seiner Marke (einem Hahn) genannt hat.
Die Schokolade in der Provinz Turin
Schokoladenfabriken gab es natürlich auch in der Provinz: Wir haben schon von Sebaste
und Signorelli gesprochen, aber eine neue Industrie läßt sich langsam in dieser
süßen Welt kennenlernen: die Ferrero AG.
Die Firma Ferrero ist 1946 in Alba dank ihrem Gründer Pietro Ferrero entstanden, der
ein einfacher Geselle war, aber in kurzer Zeit zum "Chef" einer Industrie wurde, die
noch heute in dieser Branche führend ist.
Als die Firma Ferrero entstand, kam Italien gerade aus dem II. Weltkrieg, und die Verbraucher
hatten nicht so viel Geld, um sich die teuere und seltene Schokolade zu leisten. Was hat dann
unser Pietro erfunden? Er hatte die außergewönliche Idee, ein Produkt zu entwickeln,
das nach Kakao schmeckte, aber aus einer Fettmischung bestand. Er hatte somit einen
Schokoladenersatz erfunden, der ungefähr die gleichen Eigenschaften der Schokolade
hatte, aber billiger war.
"Giandujot" ist der Name des neuen Produktes, - es ist eine Art feste Schokoladencreme
in Brotform, die man wie eine Wurst schneiden kann. Um sie gut aufzubewahren
(Külschränke waren ein Luxus!), wurde sie in Alufolie verpackt.
Der Giandujot machte der Schokolade Konkurrenz, und jede Lieferung wurde gleich ausverkauft.
Ende 1946 verwandelte sich der Betrieb in eine Industrie. Das Labor in der via Rattazzi
wurde durch eine neue Fabrik ersetzt, wo 50 Leute arbeiteten. Das Unternehmen wuchs mit Pietro
Ferrero sehr schnell. Am 4.09.1948 ging ein plötzlicher Wolkenbruch auf die Stadt Alba und
die Umgebung nieder und zerstörte alles, auch die Ferrero Werke, die aber in wenigen
Monaten blühten und wuchsen wieder.
Im Jahr 1949 hatte Pietro eine neue Idee, damit sich alle Leute die Schokolade leisten
konnten. Die Firma ging eine neue Richtung mit der Entwicklung der "Supercrema", die der
Vorgänger der heutigen "Nutella" ist: eine Schokocreme mit Nüssen, ein ideales
Vesper für Kinder, das nicht so teuer war.
Giovanni Ferrero verfügte über große Lagerhallen, wo er seine Produckte
lagern konnte, um sie dann frisch in die kleinen Lebensmittelläden in den Langhe, in
der Gegend um Cuneo und Asti bis in die Sovoyen zu liefern.
Giovanni Ferrero ist auch ein Förderer der UNIDI, einer Vereinigung, die in diesen
Jahren Motta, Alemagna, Dulciora, Novi, Venchi-Unica und Pavesi versammelte.
Es kam von ihm die Idee, Lezithin, das in Europa wenig bekannt ist, in der Produktion der
Schokolade zu verwenden: die Eigenschaften des Lezithins lassen die Gianduia-Creme ihre Öle
und Fette nicht mehr ausschwitzen.
Er erfand auch den "Cremablock", eine mit Nüssen erfüllte Schokolade, eine
kleine Portion, was 36g wog und nur 30 Lire kostete: ein Erfolg bei den Kindern.
In den 50er Jahren arbeitete man in der Fabrik in der via Vivaro 24 Stunden am Tag,
auch sonntags.
Den großen Sprung machte aber die Firma im September 1956 mit der Gründung
eines neuen Werks in Deutschland, Anzeichen von einem raschen Eindringen auf den
europäischen Markt.
