deutsch einleitung

Das Dorf Leumann Testo italiano


Das Dorf Leumann wurde im Jahre 1875 dank dem Schweizer Isaak Leumann gegründet, der dorthin übersiedeln wollte: Er hatte bereits eine kleine Weberei in der Nähe von Voghera und suchte eine Gegend, die für Verkehrsmittel leicht erreichbar und reich an Wasser war.
Darum suchte er einen Ort in der Nähe von Collegno aus,.der gut an dem breiten Corso Francia lag, einer Straße, die von dem Haus Savoyen geplant worden war, um das Zentrum von Turin mit dem Schloß von Rivoli zu verbinden.
Hier konnte Herr Leumann auch die Zugverbindung Turin-Rivoli ausnutzen, und das Wasser von zwei kleinen Kanälen, die die Felder mit dem Wasser vom Dora-Fluß bewässerten. Er war sich sicher, dort ansässige Arbeiter zu finden. Es sah, daß es viele Leute gab, vor allem Frauen, die bereit waren, die nächst beste Gelegenheit zu nutzen, eine Arbeit anzunehmen. Zum Schluß bot die Gemeinde Turin den Leuten, die dort eine Fabrik bauen wollten, einen niedrigen Steuersatz.
Die Textilindustrie konnte vom Anfang an riesige Mengen an Textilien produzieren. Auf Seiten der Frauen entstand das Bedürfnis nach bunter Kleidung: Sie waren es Leid, sich immer dunkel, schwarz, grau und braun zu kleiden, wie damals üblich war.
Der richtige Gründer des gesamten Dorfes ist aber Napoleon, der Sohn von Isaak Leumann. Napoleon hatte eine besondere Fähigkeit, die Bedürfnisse seiner Arbeiter zu verstehen. Wenn die Arbeiter sich als Teil der Fabrik fühlten, war sich Napoleon sicher, daß sie viel mehr und besser arbeiten würden.
Napoleon dachte schon 1892 daran, kleine Häuser für seine Arbeiter bauen zu lassen: Auf diese Weise realisierte er den Traum der Arbeiterklasse.
Er war in Verbindung mit einer Gruppe von Architekten, die am Ende des vorigen Jahrhundert in Turin tätig war und sich schon damals um die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse kümmerte. Er gab dem "Hygiene-Bauingenieur" Pietro Fenoglio den Auftrag, das ganze Dorf zu bauen. Fenoglio war einer der wichtigsten Vertreter des Jugendstils (Liberty) in Turin.
Leumann wollte keine Hochhäuser, was sicher billiger gewesen wäre, weil man auf wenig Platz viele Familien hätte unterbringen können. Er legte besonderen Wert auf kleine Häuser, jedes mit einem kleinen Garten und eigenem Eingang und WC.
Im ganzen spiegelte sich seine eigene Philosophie wieder, die bessere Lebensbedingungen garantieren wollte, was für diese Epoche sehr modern und fortschrittlich war. Gleichzeitig wollte er aber auch die Beziehung zu dem vor kurzem aufgegebenem Landleben bewahren: Deswegen hatte jedes Haus sein eigenes Gärtchen. Die Häuser wurden in einer Art "armen" Jugendstil gebaut, aber in abwechslungsreichen Formen, um monotone Bauweise zu vermeiden. Es gibt sieben Modellhäeuser, bei denen reizvolle Unterschiede festzustellen sind. Den Bezug auf den Jugendstil kann man an den runden Fenstern und den schmiedeeisernen Gittern, an der Verwendung von Kacheln, am Blumendekor und an den Dachsparren erkennen.
In den Häusern fehlten damals Heizung und Toiletten: Man muß bedenken, daß eine eigene Toilette oder sogar ein Badezimmer zu damaligen Zeiten noch Luxus war. In dem Dorf Leumann wurden öffentliche Bäder gebaut, die die Einwohner des Dorfes zu niedrigem Gebühr benutzen konnten.
In dieser Zeit gab es in Turin nur zwei öffentliche Bäder für eine Bevölkerung von ca. 500000 Personen. In Leumann gab es dagegen eins für 600-700 Leute.
Für die Ausbildung wurde eine Schule mit vielen hellen Klassenzimmern und einer Sporthalle mit allen Diesträumen gebaut. Die Schule wurde 1903 fertiggestellt, und dort wurden Klassen vom Kindergarten bis zur 5. Klassenstufe untergebracht. Es gab auch Wohnräume für die Lehrerinnen, die von der Firma Leumann selbst entlohnt wurden, da die Schule privat war. Es wurde auch eine Hilfs- und Hauswirtschaftsschule gebaut.
Die Firma Leumann beschäftigte bis zu 1800 Personen. Viele kamen aus Venetien mit einem für damalige Zeiten üblichen Kartonkoffer. Die jungen Männer waren Bauern. Es wurde auch eine Art Internat für die Arbeiterinnen gebaut, die 200 Mädchen beherbergte.
Das letzte wichtige Gebäude ist die Kirche gewesen, die von 1911-13 im eklektizistischen Stil gebaut wurde, d.h. in einer Mischung aus der protestantischen Kultur Nordeuropas und dem Jugendstil.
In einer Zeit, in der es kaum sanitäre Einrichtungen gab, und in der es sehr teuer war, den Arzt zu holen, hatte das Dorf Leumann einen Krankensaal mit zwei qualifizierten Krankenschwestern, und einmal am Tag kam ein Arzt für die Arbeiter und deren Familien.
Es gab außerdem auch Heime am Meer und im Gebirge für die Arbeiterkinder.
In den 40er Jahren wurde am Sonntag ein Lastwagen der Firma Leumann mit Bänken ausgestattet und so zu einem Bus umfunktioniert, und man fuhr damit ins Gebirge um skizufahren. Außerdem gründete die Familie Leuman eine Feuerwehr und ein Postamt.
Es wurde auch viel Wert auf den Sport gelegt: Das Dorf besaß zugleich drei Fußballmannschaften, eine Basketball- und eine Volleyballmannschaft und ein Leichtathletikteam.
Für die Arbeit war ein Mindestlohn garantiert. Wenn jemand schlecht gearbeitet hatte, bekam er eine Geldstrafe. Wer mehr arbeitete, bekam auch mehr Geld, da es einen Stundenlohn gab.
Eine Einzimmerwohnung kostete 4 Lire im Monat, dagegen hätte es in Turin 40 Lire gekostet.
Der ellektrische Strom, die Farbe und die Pflanzen für die Wohnungen gab es kostenlos. Die Anzahl der Zimmer wurde nach Größe der Familie und der Stellung in der Firma bestimmt. Eine Kommission der Arbeiter und der Abteilungschefs bestimmte die Anzahl der Zimmer pro Familie. Ein Platz im Internat kostete ein Drittel des Verdienstes.

deutsch einleitung